Paris


Ich war im April mit meinen Lieben in Paris. Und nun die Anschläge dort. Ich sehe die Welt jetzt aufgeteilt in Sympatisanten der Attentäter, Schockierte und sicher auch in Ignoranten, die vielleicht nicht wissen, wo Paris liegt oder was passiert ist. Ich bin schockiert, aber warum eigentlich?

Welche Mittel sind geeignet, persönliche Vorstellungen durchzusetzen? Wir sprechen letztendlich von ethischen Werten: Wie balanziere ich Mittel und Zweck? Wir urteilen über die Vorstellungen der Attentäter von einer besseren Welt und über die Mittel, sie herbeizuführen: Was wollen sie erreichen und wie? Über die Ziele von Attentätern wie derjenigen in Paris lässt sich spekulieren – das möchte ich gar nicht. Ich möchte über die Mittel schreiben.

Mittlerweile setzt die Analyse des Attentatvorganges ein, Puzzleteile des Ablaufes werden veröffentlicht. Warum hilft mir das aber nicht, das Attentat zu verstehen? Der Grund ist, dass die Logik des Terrors nicht in mein Wertesystem passt. Ich kann wenn auch nur schwer Kriege akzeptieren, wenn die Ziele in mein Wertesystem passen – die Kriege werden dadurch nicht weniger schrecklich, aber ich akzeptiere das Opfer für das Ziel. Die Mittel der Terroristen stehen nach meinem Wertesystem  aber in keinem Verhältnis zum Ziel. Die Diskrepanz zwischen Mittel und Ziel lässt mich einfach fassungslos dastehen.

Und nun muss ich mit den Geschehnissen weiterleben. Ändere ich etwas in meinem Leben? Ich muss gestehen, dass die zersetzende Kraft der Angst ein wenig Einzug in mein Herz gehalten hat. Mein Kopf sagt „Du kannst der Beliebigkeit des Terrorismus nicht entkommen, versuche es also gar nicht erst.“ Ich kann auch der reflexartigen Reaktion „Bessere Überwachung“ nicht ganz folgen, denn dadurch würde ich einen Teil meiner Werte verraten, die mich zu der Fassungslosigkeit gebracht haben: Die Freiheit, individuell zu sein, die staatliche Zurückhaltung in der Kontrolle des Individuums und die daraus resultieren Diversität der Gedanken.

Aber wie geht es nun weiter? Ich versuche, mein Wertesystem zu hinterfragen und es dadurch besser zu verstehen: Nur wer reflektiert, kann andere Wertesysteme erkennen und neben das eigene stellen.  Vielleicht komme ich irgendwann dazu, andere Wertesysteme zu verstehen. Dazu brauche ich viele andere Menschen, die mir ihres darlegen. Ich bin und bleibe neugierig auf die anderen Menschen: So lerne ich ständig neue Facetten in anderen Wertesystemen – vielleicht kann ich dadurch mir und anderen Dinge erklären, die nicht so offensichtlich sind. So geht es mit mir weiter!