Urlaubsstress


Kennen Sie das auch? Man liest in einer Illustrierten und sagt sich spontan: ja, das habe ich auch schon so erlebt. So war es, als ich in einem Urlaubsflieger saß und meine Brigitte (oder so – ich weiß es nicht mehr) las. Unabhängig davon, ob ich zur Zielgruppe gehöre oder nicht, die Kolumne zum Thema Urlaubsstress sprach mir aus dem Herzen – gab es das doch leicht abgewandelt bei uns ebenfalls.

Die Rollenverteilung in unserer Familie sieht so aus, dass meine beste Ehefrau von allen basierend auf den mehr oder weniger präzisen Wünschen der Familie, ihren eigenen Vorstellungen und dem hauptsächlich von mir gefüllten Geldbeutel ein Urlaubsziel mit passendem Transfer zusammenstellt. In diesem Jahr und auch in den Vorjahren waren die Anforderungen „Soll warm sein und darf nicht allzu viel kosten.“ Man sollte meinen, dass sich darauf eine ganze Tourismusindustrie stürzt – vermutlich passen auf diese Beschreibung etwa 80% der Familienurlaube – aber nein! so ist es nicht! Oder: vielleicht ist es ja doch so, aber die noch nicht erwähnten weiteren Wunscheigenschaften treffen dann nicht zu. Und hier muss ich etwas von der gelesenen Kolumne abweichen, die übertrieben Aktionismus im Urlaub als Problem und einen Urlaubsforscher als Lösung präsentiert. Ja, wir wollen schon ein bisschen was unternehmen und ja, es darf auch Sportliches dabei sein und nein, es ist unwahrscheinlich, dass wir uns im Urlaub plötzlich überschätzen, wenn wir im Alltag ein ganz gutes Gefühl für unsere Fitness haben. Ganz sicher nein zum Bedarf an das Arbeitsgebiet der Urlaubsforschung in der dargestellten Form – der sollte lieber erforschen, warum man nicht einfach buchen kann, was man haben möchte. Als besondere Herausforderung seiner Forschungsarbeit sehe ich dann, dass er ergründen sollte, warum man nicht buchen kann was man haben möchte, aber vorher nicht beschreiben kann.

Ich weiß nicht, wie viele Forscher es in diesem Fachgebiet gibt und wie lange es schon bearbeitet wird. Ich bin mir aber sicher, dass ich anhand der Frustattacken meiner besten Ehefrau von allen recht schnell eine Basisvorlesung zum Thema „Anforderungen an Buchungsportale“ zusammenstellen kann. Nach erschöpfender Suche über die möglichen Urlaubsziele sind wir schlussendlich auf die Kanaren gekommen – warm, bezahlbar, zum Baden geeignet und in endlicher Zeit erreichbar. Nun ging das Drama aber erst richtig los: Wir wollten einen Flug buchen! Klingt gar nicht so komplex, ist es auch nur wegen der unsäglich schlechten Internetangebote der Fluggesellschaften. Naja, vielleicht sind ja nicht alle schlecht, sondern nur die eher etwas Preisgünstigen. Und von denen sind vielleicht auch nur die zwei so schlecht, mit denen wir zu tun hatten. Aber ganz sicher: Diese beiden haben den Ruf der Branche nachhaltig zerstört. Ein Wiederaufbau des Ansehens könnte vielleicht über Heerscharen von Urlaubsforschern theoretisch erarbeitet und von noch größeren Heerscharen von Software-Entwicklern realisiert werden. Aber fangen wir doch klein an: Die sogenannte Sitzungszeit. Haben Sie das auch schon einmal erlebt? „Ihre Sitzungszeit ist leider abgelaufen.“ Und die Arbeit der letzten Stunden ist im Computer-Nirwana verschwunden. Ich sage einfach mal, wenn man die Sitzungszeit von gefühlten 10 Minuten auf 2 Stunden erhöht, einen Countdown für den Kunden sichtbar auf der Seite platziert und eine abgelaufene Sitzung nicht wegschmeißt sondern reaktivieren könnte, würden sich die Kunden im Schlaraffenland und nicht im Folterkeller der Buchungsportale wähnen.

Aber was soll‘s, scheinbar geht es für die Fluggesellschaften ja auch so. Und auch wir haben die Buchungsqual überlebt, auch ist unsere Ehe nicht daran zerbrochen und die Kinder sind auch nicht von der gemeinsamen Urlaubsfahrt abgesprungen. Und so erinnere ich mich während ich diese Zeilen schreibe gerne an den Blick auf den Teide und die Frühstücke um 15:00.