So sicher, wie das neue Jahr überhaupt kommt, so sicher hat es die Gespräche über Neujahrsvorsätze im Gepäck. Auch für mich ist das natürlich ein Thema, auch wenn ich zu den Menschen gehöre, die als einzigen Vorsatz haben, das neue Jahr nicht gleich mit Neujahrsvorsätzen zu stressen. So kann ich in den Annalen meines seit nunmehr 10 Jahre laufenden Blogs schon mehrere Einträge dazu finden – heute ergänze ich die Serie um den Perspektivwechsel.
Nachdem ich es vergangenes Jahr tatsächlich geschafft habe, keinen Blogeintrag zu diesem Thema zu schreiben, wird es 2025 natürlich wieder Zeit – „gute Angewohnheiten sollte man ja auch eher stärken“ könnte zum Beispiel so ein Neujahrsvorsatz sein, den man sich tatsächlich auch das ganze Jahr über angwöhnen kann. Was ist also jetzt außer dem unvermeidlichem neuen Jahr noch passiert, dass ich wieder darüber philosophiere?
Achterbahn…
Mein vergangenes Jahr war von einer Achterbahn der Gefühle gekennzeichnet: Überschwängliche Freude sowie große Sorge und Anteilnahme an verschiedenen Schicksalen in Familie und Freundeskreis. Ich habe viel darüber nachgedacht – auch was diese Schicksale mit mir machen. Ganz wichtige Erkenntnis ist, dass ich bei aller notwendigen Anteilnahme auch nur unterstützen kann, solange ich selber stabil bleibe. Ein aufmerksames In-sich-hineinhorchen ist erforderlich, denn nur dann kann ich die Unterstützung aufrecht erhalten.
Die zweite wichtige Erkenntnis ist, dass es nicht das Schicksal selbst ist, dass uns beunruhigt, sondern unsere Einstellung dazu. So kann ein Freund trotz langjähriger schwerster Krebserkrankung das Leben feiern, ein weiterer musste da erst wieder ankommen, ein dritter befindet sich in der Depressionshölle, in der Empfindung und rationale Bewertung seiner Situation auseinanderdriften.
Das Coaching kommt in solchen Fällen sehr schnell an seine Grenzen – professionelle Hilfe ist erforderlich, um mentale Verletzungen zu heilen. Aber begleitend zu einer Therapie kann ein Coaching basierend auf philosophischen Leitsätzen ergänzend helfen. So ist meine zweite Erkenntnis gar keine eigene, neue Wahrnehmung – ich habe sie einfach nur selbst erlebt und versuche sie stärker in meinem Alltag zu leben. Wir kennen diesen Satz von dem Stoiker Epiktet, dem im 1Jh. n. Ch. folgendes zugeschrieben wird:
„Die Menschen werden nicht durch die Dinge beunruhigt, sondern durch die Ansichten, die sie von den Dingen haben.“
Epiktet Schüler Arrian hat Epiktets Lebensweisheiten niedergeschrieben, die wir heute im „Handbüchlein der Moral“ (Encheiridion) nachlesen können.
Ein Coaching könnte so gestaltet sein, dass wir unsere Einstellung durch einen Perspektivwechsel hinterfragen, negative Glaubenssätze versuchen zu entkräften und so wieder in eine Gestaltung der Zukunft übergehen. Weder der Betroffene noch irgendwer kann vielleicht an allen Parametern drehen. Aber meist finden sich Möglichkeiten, die eigene Handlungfähigkeit wieder zu erlangen. Vielleicht kann kein „wieder alles gut“ gelingen, aber ein „besser werdend“. Und so wird der Weg zum Ziel, ein Schritt nach dem anderen.
Was bleibt für mich
Natürlich gibt es auch im klassischen, nicht-philosophisch angehauchtem Coaching das Prinzip des Perspektivwechsel, um Situationen aus unterschiedlichen Bllickwinkeln anzuschauen. So können wir uns auch ohne Epiktet als Lehrer überlegen, welche weiteren Ansichten auf eine Situation möglich sind und ob wir daraus etwas lernen können. Eine gute Möglichkeit ist dazu eine dritte Person entweder tatsächlich oder durch Überlegung zu befragen: Was würde Dein Sohn dazu sagen? Dein Klavierlehrer, der Verkäufer der Obdachlosenzeitschrift vor dem Bäcker, der Briefträger?
So eine Erweiterung der persönlichen Sichtweise ist immer bereichernd und kann dazu führen, Optionen für sich selbst zu erkennen. Nicht im Sinne, dass man ein Vorgehen kopiert sondern ein anderes erfolgreiches Vorgehen in seine individuelle eigene Strategie einfließen lässt: Wieder ins Handeln kommen, eigene Pläne machen und beginnen in die Tat umzusetzen.